Notlösung oder aktive Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik?

Beschäftigungsgesellschaften in Zeiten der Transformation

Eine Folge der wirtschaftlichen Transformation in den 1990er Jahren war der umfangreiche Verlust von Arbeitsplätzen in den neuen Bundesländern. Der DGB und seine Gewerkschaften zielten mit ihren Forderungen nach Sanierung von Unternehmen auf den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Deren Abbau war jedoch angesichts der problematischen Wettbewerbssituation der ostdeutschen Wirtschaft sowie der Privatisierungspolitik von Bundesregierung und Treuhandanstalt eine Realität, die arbeitsmarktpolitische Lösungsansätze erforderte.

Ein Ansatz waren „Beschäftigungsgesellschaften“, seit der Rahmenvereinbarung zwischen Treuhandanstalt, Gewerkschaften und Arbeitgebern vom 17. Juli 1991 als „Gesellschaften zur Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung“ bezeichnet. Erste Gesellschaften dieser Art waren auf Initiative der Gewerkschaften bereits vor dieser Vereinbarung gegründet worden. Nach Schätzungen bestanden zum Jahresbeginn 1993 400 ABS-Gesellschaften in den neuen Bundesländern. Ziele dieser Gesellschaften waren Vermeidung von Arbeitslosigkeit, berufliche Weiterqualifizierung, regionaler Strukturwandel und Schaffung von Arbeitsplätzen im Rahmen von Ausgründungen bzw. Neuansiedlungen an den jeweiligen Standorten.

Formuliert wird die These, dass ABS-Gesellschaften zum einen aktive Arbeitsmarktpolitik durch Schaffung von Beschäftigung und Qualifizierung betrieben, zum anderen auch wesentliche Bedeutung für regionale Strukturen und verloren gegangene sozial-kulturelle Funktionen auf betrieblicher Ebene hatten. Zu fragen ist, auf welche Resonanz die Gesellschaften bei ihren Beschäftigten stießen; was erhofften sich die aus ihren bisherigen Arbeitsplätzen in die Gesellschaften überführten Arbeitnehmer:innen? Welche Bedeutung hatten sie für die von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Frauen? Welche Funktionen übernahmen sie in industriellen Zentren und in ländlich geprägten Regionen? Wie wirkten sie auf die regionale Strukturentwicklung? Im Zentrum des Projektes stehen die betrieblichen und gewerkschaftlichen Aktivitäten zur Errichtung von ABS-Gesellschaften und deren Entwicklung.

Nicht nur im Hinblick auf die Erforschung der sozialen und ökonomischen Transformation in den neuen Ländern und das gewerkschaftliche Engagement seit den 1990er Jahren, sondern auch für Schlussfolgerungen für die gegenwärtige und zukünftige Transformation ist die Erforschung der ABS-Gesellschaften von grundlegendem Interesse.


Durchführung: Prof. Dr. Detlev Brunner

Kurzbiographie: siehe Direktor